BÜROSTÜHLE IM TEST Lieber etwas Luxus

In Zeiten hoher Inflation flüchte man in Sachwerte. Teure Uhren sind gefragt, aber die Warteliste des Juweliers für Interessenten ist ein ellenlanger Leporello. Man munkelt, dass eine Chance auf die wirklich guten Stücke nur derjenige hat, der zuvor ein paar weniger beliebte Luxusuhren abnimmt. Also sind pragmatische Alternativen fürs Geldausgeben gesucht. Warum nicht in einen hochwertigen Bürostuhl investieren?

Das kann eine nachhaltige Geldanlage und gute Investition in die Gesundheit sein. Schließlich arbeitet man ja jetzt mehr zu Hause. 80.000 Stunden im Leben verbringen Büromenschen im Sitzen, hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin berechnet. Das ist ein meist angenehmer Status, aber kein gesunder. Zwei von drei Deutschen klagen über Schmerzen im Kreuz, jeder Dritte hat regelmäßig Rückenschmerzen. Die Produktionsausfälle durch Erkrankte mit Rückenbeschwerden und Bandscheibenvorfällen summieren sich jährlich zu einem zweistelligen Milliardenbetrag. Seit 2005 sind die Fehlzeiten aufgrund von Muskel- und Skelettkrankheiten in Deutschland den Betriebskrankenkassen zufolge um ein Drittel gestiegen.

Nicht nur als Chefsessel

Wir haben zwei Bürostühle ausprobiert, die man sich gern ins Homeoffice holt. Beide sind besonders hochwertig und in Unternehmen wohl eher in der Chefetage als im Großraumbüro vorzufinden. Der Selvio des Herstellers Züco und der Eyla von Girsberger sind in indes in etlichen Varianten erhältlich, also nicht nur als Chefsessel mit hoher Rücklehne, sondern auch als Dreh- und Konferenzstuhl.

 

Der Selvio wurde von Designer Rüdiger Schaack entwickelt, er arbeitet auch für Sedus. Den Stuhl gibt es in insgesamt acht Varianten, Armlehnen und Fußkreuz lassen sich jeweils individuell konfigurieren. Nicht alle Versionen haben eine Sitzneigeverstellung, und die Gasfeder lässt sich auch mit mechanischer Tiefenfederung ordern. Unser Teststuhl mit hoher und schlanker Rückenlehne war auf der Rückseite mit einem dünnen, leichten Mesh-Stoff bespannt, der vor allem im Sommer den großen Vorzug bietet, dass man weniger schwitzt. Der Stoff sitzt straff, und die Rückenlehne in S-Form bietet ein angenehmes Sitzgefühl.

Der Neigungswinkel der Rückenlehne ist mechanisch in vier Stufen begrenzbar. Ebenso lässt sich der Widerstand, den sie Bewegungen entgegensetzt, justieren. In der Stufe des geringsten Widerstands entsteht ein sehr dynamisches Sitzen, wie es Orthopäden fordern. Auch die Lumbalstütze ist individuell verstellbar, ebenso die Sitzneigung um bis zu acht Grad.

Unser Testmuster kam mit einem grauen Ledersitz, der mit Formschaum gepolstert ist und eine Beckenkammstütze integriert hat. Zusammen mit der grauen Rückenlehne und den Armlehnen aus schwarzem Kunststoff entsteht ein sehr gefälliger optischer Eindruck. Die Bezüge kann man sich aus der Züco-Textilkollektion aussuchen, es ist sogar möglich, eigene Stoffe oder eigenes Leder durch Züco zu verarbeiten. Gegen Aufpreis sind die Armlehnen in der Höhe und Breite verstellbar. Die Preise für den Selvio beginnen bei etwas mehr als 1000 Euro.

 

Eyla ist sein letztes Sitzmöbel

Der Eyla von Girsberger liegt in einem Preisbereich zwischen 2000 und mehr als 3000 Euro, je nach Ausführung und Materialien. Das Design stammt von Burkhard Vogtherr und dem britischen Designer Jonathan Prestwich, der sein eigenes Studio in London hat. Vogtherr starb 2019, er arbeitete für Möbelproduzenten auf der ganzen Welt und war einer der bekanntesten deutschen Möbeldesigner. Der Eyla ist sein letztes Sitzmöbel. Der Eyla wirkt groß und massiv, man staunt über die üppige Sitzfläche und lässt sich gern fallen. Einstellbar sind allein die Sitzhöhe und die Justierung der Rückenlehne. Entweder bleibt sie fix, oder sie erlaubt flexibles Zurücklehnen, wobei gleichzeitig die Sitzfläche nach vorn gleitet. Girsberger schreibt, dass sich die Federkraft automatisch auf das Gewicht des Benutzers einstelle.

Der Eyla ist als Konferenzstuhl oder mit hohem Rücken erhältlich, die Armlehnen sind nicht breiten- und höhenverstellbar und entweder aus poliertem Aluminium oder wahlweise mit einer Kunststoff- oder Lederauflage versehen. Der Fuß hat vier oder fünf Sterne, je nach Modellvariante und neben der Ausführung mit Rollen gibt es auch eine mit Gleitern. Die Bezüge bestehen wahlweise aus Stoff, Textilleder oder Nappaleder. Seit Kurzem gibt es zwei sehr exklusive Leder: Vitoria ist ein naturbelassenes, olivenblattgegerbtes Ökoleder, und Verona ist ein Rindnubukleder, also ein angeschliffenes Glattleder mit samtiger Oberfläche, das im Sport und Wanderbereich gern eingesetzt wird. Auf beiden Bürostühlen haben wir längere Zeit gut gesessen. Beim Eyla bleibt der Eindruck besonders hoher Qualität in Erinnerung, der Selvio ist mit seinem leichten Rücken eine Wohltat im heißen Sommer.

 
Quelle: F.A.Z.
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